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Arp Museum Bahnhof Rolandseck, 5. August 2010

Sehr geehrte Kunstliebhaber, ich begrüße Sie alle sehr herzlich und schließe mich der Begrüßung meiner Vorredner an.
Und begrüße noch
• Prof. Marie-Luise Niewodniczanska, Mitglied des Kuratoriums der Stiftung RLP für Kultur
• die Beiratsmitglieder des Künstlerhauses Schloß Balmoral,Herrn Stadtbürgermeister Abt, Frau Sauer-Kirchlinne, Cony Theis und Michael Post
• Frau Alice Berweiler-Kaufmann, Frauenbeauftragte des Rhein-Lahn Kreises und Präsidentin des Zonta Clubs Koblenz I
• Die Mitglieder des Fördervereins Balmoral 03 e.V., vertretend für sie alle die Vorstandsmitglieder Frau Klein und Herr Lotz
Mein besonderer Gruß gilt den Stipendiaten, von denen hier einige das Glück haben in der Ausstellung vertreten zu sein.

15 Jahre Balmoral, das hat mit einem großen Künstlerfest im Künstlerhaus am 26. Juni angefangen und findet seien Fortsetzung hier im Museum Rolandseck. Damit geht für mich ein langjähriger Wunsch in Erfüllung: Denn seit meinem Amtsantritt als Geschäftsführerin des Künstlerhauses im Jahr 1999 hege ich den Wunsch, die Werke der Stipendiaten, die in der Sammlung Rheinland-Pfalz sind, in einem Museum ausgestellt zu sehen. Und – die Stipendiaten wissen es – ich habe sie immer animiert Werke, die für die Zeit ihres Stipendiums entscheidend waren zu überlassen, mit dem Hinweis auf eine mögliche Museumspräsentation. Deshalb gilt dem Direktor des Arp Museums, Oliver Kornhoff mein ganz großer Dank. Seit Beginn seiner Direktion hat er die Aktivitäten von Balmoral immer aufmerksam verfolgt und – jetzt spreche ich auch im Namen der Stipendiaten – wir haben in seinem Haus immer das Gefühl, willkommene Gäste zu sein. Persönlich danke ich Dir, lieber Oliver, für die angenehme und fruchtbare Kooperation.

Hier möchte ich mich auch bei den Geschäftsführer der Stiftung Rheinland-Pfalz, Edmund Elsen, sehr herzlich bedanken, der das Projekt von Anfang an mitgetragen hat und bei Frau Dr. Fellbach-Stein, die im Ministerium die Interessen von Balmoral vertritt.
Zur Ausstellung und der Auswahl der Werke wird Rainer Hoffmann, Projektleiter der Ausstellung Balmoral Blend, die er gemeinsam mit Papia Bandyopahyay und Janine Schmutz kuratiert hat, berichten. Ich nütze hier die Gelegenheit, mich bei Euch sehr herzlich für die gelungene Ausstellung zu bedanken und wünsche der Ausstellung viel Erfolg sowie jedem von Euch für Euer Fortkommen.

An dieser Stelle möchte ich etwas von der Stimmung, die die Stipendiaten als Lebens- und Arbeitsgrundlage in Bad Ems vorfinden, weitergeben.
Bad Ems ist eine historisch bedeutsame Kurstadt, was sich in der prachtvollen Architektur widerspiegelt. Hier kurten gekrönte Häupter,Kaiser Wilhelm und Tsar Alexander II und sie zogen eine Schar Adeliger, Intellektueller und prominenter Künstler nach sich, darunter Delacroix, Dostoievski und Wagner. Dieser residierte übrigens in Balmoral, ein nobles Schlößchen das seit 1995 in ein Künstlerhaus für Bildende Künstler umgewandelt wurde. Es bietet den Stipendiaten ein Ort der Stille und der Reflexion, aber auch der Begegnung und der Auseinandersetzung mit der Stadt Bad Ems, die heute eine überalterte Gesellschaftsstruktur aufweist und ums Überleben kämpft Gerade dieses Spannungsverhältnis zwischen glanzvoller Vergangenheit und heutiger Kurgäste reizt die Kreativität der Stipendiaten. Filipa Césars Fotographie Sets for thoughts spricht eine deutliche Sprache, wenn sie neun ältere Menschen, alle in beigen und grauen Regenmänteln von Rücken fotografiert, die anteillos auf die prachtvolle Architekturkulisse schauen.
Immer wieder bietet der geschichtliche Hintergrund Anlass zur Auseinandersetzung: Als Beispiel sei hier Wagner genannt, dem wir den Besuch von Christof Schlingensief verdanken, der auf der Suche nach Parzifal Schloß Balmoral besuchte und die ganze Stadt in Aufruhr brachte; Ben Patterson widmete ihm und Dostoievski eine Performance und Jonathan Meese richtete eine Art Gedenkstätte für Wagner im historischen Saal des Künstlerhauses ein.

Viele Werke, die in Balmoral entstehen, zeigen, dass ein Künstlerhaus, im Gegensatz zu einem Museum, ein Experimentierfeld ist. Erlauben Sie mir, ein paar Beispiele zu nennen, die den Blick auf die Ausstellung erweitern und die hier zu sehenden Werke im Kontext ihrer Produktionsstätte stellen.
Drei Künstler haben sich mit der Bibliothek des Künstlerhauses auseinander gesetzt, Mohammed Abdulla, Zoltan László und Cony Theis und Installationen produziert, die in Form und Aussage grundverschieden sind. Mohammed Abdulla richtete im Foyer eine Bibliothek nach orientalischer Art ein: Die Bücher fanden auf niedrigen, skulpturalen Elementen Platz, und am Boden boten Sitzgelegenheiten beim warming up den Besuchern die Möglichkeit, sich zu informieren und miteinander „warm zu werden“. Kommunikation stand im Vordergrund.
Zoltan László hingegen räumte sämtliche Bücher unserer Bibliothek aus – damals etwa 4000 Stück –, um einen Baumstrunk zu bilden. Von oben sah dieser wie ein großer Chip aus, der übermächtig den Platz des Buches einnimmt – ein kritischer Kommentar zur Tatsache, dass das Internet weitgehend das Buch ersetzt.
Cony Theis nspirierte sich von den Monografien, die sie in der Bibliothek fand und übertrug die Portraits zahlreicher Künstler eins zu eins auf das Modell eines Brautkleids, das skulptural von der Decke herunterhing, als Zeichen der Vermählung der Künstlerin mit der Kunst.
Ein Stipendium gibt den Künstlern auch Muße zum experimentieren, alle Möglichkeiten eines Werkes auszuloten. Dafür zeugt eine Figur aus Styropor von Diego Castro, die im Laufe der Zeit vollkommen unterschiedliche Gestalten annahm. Zuerst stellte sie Bin Laden dar. Da Castro aber das Gesicht des Terroristen durch den netten Außerirdischen E.T. austauschte, herrschte Zwiespalt zwischen Gut und Bös, was noch durch das Tarnmuster des Kaftans unterstrichen wurde. In einer zweiten Ausstellung schlupfte E.T. in die Rolle von Early Christian. Sein Kopf stand nun auf dem nackten Quader aus Styropor, wie eine Herme, die selbst auf einem roten Teppich stand. Der Kultcharakter wurde durch brennende Kerzen auf seinem Kopf unterstrichen. Es kam zur Überlagerung zwischen der Anbetung von Märtyrern und Heiligen mit der „Anhimmelung“ von Stars und Prominenz.

Nicht immer finden die Arbeiten der Stipendiaten in der Stadt Bad Ems die Zustimmung der Bevölkerung.
Das Zusammenleben in einem Künstlerhaus ist nicht immer einfach und deshalb sind Spiele und Feste wesentlich. Ich kann mich erinnern wie der Jahrgang 2000 bis spät in die Nacht Boulle oder auch Pin Pong spielte und schallendes Lachen durch das Haus zog. Ich erinnere mich auch, wie Michael Post eine Paella für 60 Personen anrichtete und wie später Sonja Alhäuser eines ihrer berühmten Büffets ohne Anlass bei uns auftischte. Ein Relikt davon sehen Sie übrigens hier in Form von zwei Aquarellen im Restaurant. Und jüngst war sie es auch, die unserem 15-jährigen Jubiläum festlichen Charakter gab.

Daniéle Perrier, 05.08.2010